Juristische Fakultät

Unter den Fakultäten nahm die Juristische den zweiten Platz nach der Theologischen ein. In der Frühzeit war sie vom Humanismus geprägt („Wittenberger Humanistenkreis“ mit Verbindungen zum italienischen Humanismus), und ihre Mitglieder hatten wie die der anderen Fakultäten am Reformationsgeschehen teil. Die Fakultät brachte im Laufe der Jahrhunderte immer wieder Rechtsgelehrte hervor, die prägenden Einfluss auf die Rechtswissenschaft in Deutschland oder Europa entfalteten.

Siegel der Fakultät am Disputationskatheder im Lutherhaus Wittenberg, Quelle: Stiftung Luthergedenkstätten

Laut Fakultätsstatut von 1508 bestand die Juristische Fakultät aus zwei Professuren für Kirchenrecht und dreien für römisches Recht. Die Besetzung und Einteilung der Professuren orientierten sich wie der Lehrbetrieb an den Rechtsquellen: Kirchenrecht, Codex, Digesten und Institutionen. Wie überall in Deutschland und Kontinentaleuropa folgte der Rechtsunterricht formal einem klaren Ablauf: Jeder Titel und jedes Gesetz in den Rechtsquellen des römischen und kanonischen Rechts wurden in der gelisteten Reihenfolge der entsprechenden Rechtsquelle abgehandelt.

Die Arbeit der Wittenberger Juristen ging jedoch über die Rechtslehre deutlich hinaus. Sie hatten einen erheblichen Einfluss auf die Rechtspraxis. So besetzten sie die höchsten kursächsischen Gerichte, den Wittenberger Schöffenstuhl, das Spruchkollegium der Juristenfakultät und fungierten als Beisitzer des Landgerichts der Niederlausitz zu Lübben, später auch am Appellationsgericht in Dresden. Einzelne Aufträge und Missionen für den sächsischen Kurfürsten kamen hinzu.

Als neue Disziplin wurde im 17. Jahrhundert neben dem bisherigen Lehrangebot zunächst an protestantischen Universitäten das Natur- und Völkerrecht etabliert. Zentral dafür war die Erfassung und Interpretation der Reichsverfassung. An der Wittenberger Juristenfakultät war es vor allem Caspar Ziegler, der sich für die Einbeziehung des Natur- und Völkerrechts in den Lehrplan einsetzte. Die Modernisierung der Juristischen Fakultät im 17. und 18. Jahrhundert ging einher mit einer Ausdifferenzierung des Fächerkanons. Diese zog eine Ausweitung des Personals, vor allem durch außerordentliche Professoren und Substitute, nach sich.

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