Der Lehrkörper
Bislang gibt es keinen Wittenberger Professorenkatalog, der die gesamte Zeit von 1502 bis 1817 und alle vier Fakultäten umfasst. Der hallesche Professorenkatalog (Catalogus Professorum Halensis) setzt erst mit dem Jahr 1694 ein, als die Universität Halle gegründet wurde, und beschränkt sich auch auf diese. Ersatzweise kann auf die 2012 angelegte Wikipedia-Seite „Hochschullehrer (Leucorea)“ verwiesen werden:
Alphabetische Liste der Wittenberger Hochschullehrer 1502–1816 auf Wikipedia
Diese Seite weist 552 Hochschullehrer nach und verlinkt jeden der Namen zu der Wikipedia-Seite, die es zur betreffenden Person gibt. Dass es solche Personenseiten zu diesen 552 Wittenberger Hochschullehrern gibt, heißt zugleich: Mindestens zum großen Teil enthält Wikipedia den ansonsten noch nicht existierenden Wittenberger Professorenkatalog. Sobald es wieder eine Bucheditierfunktion auf Wikipedia gibt (wird seit 2017 neu programmiert), lassen sich die Seiten auch zu einem elektronischen Buch kompilieren oder/und beim Book-on-Demand-Partner als Print-Exemplar bestellen.
Wie immer, so gilt aber auch hier: Wikipedia kann der Ausgangspunkt von Recherchen sein, ersetzt diese jedoch nicht. Ein vollständiger Wittenberger Professorenkatalog bleibt eine Aufgabe der Zukunft. Dabei wäre dann auch zu berücksichtigen, dass Professor und Hochschullehrer im Laufe der LEUCOREA-Jahrhunderte nicht immer dem heutigen Verständnis entsprachen. Manche der Lehrenden befanden sich in einem Status, der heute mit den Begriffen Lehrbeauftragter und Privatdozent beschrieben wird. Zum Teil waren sie an mehreren Fakultäten aktiv und, damit zusammenhängend, Student und Dozent zugleich. Im übrigen galt der Doktor-Titel als wichtiger, da er die akademische Qualifikation bezeugte, während „Professor“ lediglich eine Amtsbezeichnung darstellte, die lange Zeit weniger reputationssteigernd war als die erfolgreiche Promotion.
Gleichfalls verdienstvoll ist die Wikipedia-Seite Chronologische Liste der Wittenberger Rektoren 1502–1816
Sie ist länger als die Hochschullehrer-Liste, und zwar aus zwei Gründen: Zum einen wechselten die Rektoren semesterweise, was in drei Jahrhunderten zu rund 600 Rektoren führte (manche übten das Amt auch mehrfach aus). Zum anderen müssen zum Teil auch Prorektoren verzeichnet werden, wenn diese faktisch das Rektoramt wahrnahmen. Das war dann der Fall, wenn Adligen aus nichtakademischen Gründen der Titel des Rektors verliehen oder präziser: überlassen wurde, dies aber nicht mit einer tatsächlichen Amtsausübung einherging.
Nähere Informationen zu Biografien und Werken wichtiger Hochschullehrer der LEUCOREA enthalten die Rubriken „Lehrkörper“ der Artistischen, Theologischen, Juristischen und Medizinischen Fakultät auf dieser Website.
Über die Verwandschaftsbeziehungen des Wittenberger Lehrkörpers informiert eine von Heinrich Kramm erstellte Verwandschaftstafel:
Verwandtschaftstafel der Wittenberger Theologen und Gelehrten (Grafik als PDF)
Quelle: Heinrich Kramm: Wittenberg und das Auslandsdeutschtum im Lichte älterer Hochschulschriften, Verlag Otto Harrassowitz, Leipzig 1941
Die Studenten
In Forschungen zur frühneuzeitlichen Universitätsgeschichte spielen Studenten oftmals eine wichtige Rolle. Dies ist wesentlich dadurch begründet, dass Studenten einen distinguierten Lebensstil pflegten, der sie von ihren Zeitgenossen deutlich unterschied. Wie die anderen Universitätsangehörigen unterstanden sie zudem der gesonderten universitären Gerichtsbarkeit. Nicht zuletzt aufgrund der zahlreichen, immer wieder auftretenden Konflikte mit der Stadtbevölkerung war das von erheblicher Bedeutung. Zeitweilig gab es im Wittenberg des 16. Jahrhunderts ebenso viele Studenten wie Einwohner, nämlich jeweils 4.000. Durch alle Jahrhunderte hinweg werden studentische Zügellosigkeit und, in Reaktion darauf, disziplinarische Maßnahmen als offenbar zentrale Bestandteile des universitären Lebens berichtet.
Zu den Biografien Wittenberger Studenten, ihrer Herkunft, ihrem Habitus und Platz im sozialen Gefüge der Stadt wurden etliche Forschungspublikationen veröffentlicht. Von diesen wird im folgenden eine breite Auswahl präsentiert. Eine umfassende Publikation zur Studentengeschichte der LEUCOREA von 1502 bis 1817 liegt allerdings bis heute nicht vor. Siehe auch Matrikel
Bekannte Studenten
Mikael Agricola | Johann Friedrich Böttger | Tycho Brahe | Gregor von Brück | Wilhelm Dilich | Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff | Johann August Ernesti | Paul Gerhardt | Matthias Hoë von Hoënegg | Ulrich von Hutten | Johannes Kessler | Georgius Koppehele | Gotthold Ephraim Lessing | Thomas Müntzer | Friedrich von Hardenberg (Novalis) | Johannes Oldekop | Martin Opitz | Axel von Oxentierna | Georg Wilhelm Steller | Leonhard Stöckel | Jakob Thomasius | Johann August Zeune | Johann Georg Zimmermann | Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf
Bekanntester „Student“, der nie an der LEUCOREA eingeschrieben war (und es auch nicht sein konnte): Hamlet, Prinz von Dänemark (als literarische Gestalt bei William Shakespeare)
Die Einzugsbereiche der LEUCOREA, regionale Herkünfte der Studenten, Landsmannschaften
Gesamtdarstellung:
Nach einer Idee des 1964 verstorbenen Direktors der Universitäts- und Landesbibliothek Halle, Heinz Prokert, wurden die Wittenberger Matrikeln statistisch und kartografisch ausgewertet. Der erste Band mit beigefügtem Kartenschuber konnte zum 150. Jahrestag der Universitätsvereinigung Wittenberg/Halle publiziert werden. Dort sind auf sieben großen (aufzuklappenden) Kartenblättern für die Jahre 1502–1648 die Herkunftsorte bzw. -landschaften der Wittenberger Studenten quantifiziert und visualisiert. Dabei trennt jede Karte von der vorangegangen bzw. nachfolgenden rund 20 Jahre. 1973 folgte der zweite Band mit Kartenschuber und lieferte die Karten für die Jahre 1649–1812. – Inhaltsverzeichnis zum Gesamtwerk
Die Textbände:
Gottfried Langer/Charlotte Prokert/Walther Schmidt: Vom Einzugsbereich der Universität Wittenberg (Kartographische Darstellung und Ortsregister). Teil 1: 1502–1648. Nach Gedanken von Heinz Prokert (Arbeiten aus der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt in Halle a. d. Saale Bd. 7), Halle (Saale) 1967
Gottfried Langer/Charlotte Prokert: Vom Einzugsbereich der Universität Wittenberg (1502–1812). Kartographische Darstellung Teil II (1649–1812). Ortsregister mit Anhang für die Teile I und II. Nach Gedanken von Heinz Prokert (Arbeiten aus der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt in Halle a. d. Saale Bd. 13), Halle (Saale) 1973
Die Kartenschuber: Vom Einzugsbereich der Universität Wittenberg 1502–1802
Peter H. Meurer: Die Wittenberger Universitätsmatrikel als kartographiegeschichliche Quelle, in: Heinz Peter Brogiato/Hans-Martin Closs (Hg.), Geographie und ihre Didaktik. Festschrift für Walter Sperling, Teil 1: Beiträge zur deutschen Landeskunde und zur regionalen Geographie, Geographische Gesellschaft, Trier 1992, S. 201–212
Heinrich Kramm: Wittenberg und das Auslandsdeutschtum im Lichte älterer Hochschulschriften, Verlag Otto Harrassowitz, Leipzig 1941
Linda Wenke Bönisch: Universitäten und Fürstenschulen zwischen Krieg und Frieden. Eine Matrikeluntersuchung zur mitteldeutschen Bildungslandschaft im Konfessionellen Zeitalter (1563–1650), epubli, Berlin 2013, 488 S. – Inhaltsverzeichnis